Minimalistischer Lebensstil - Warum Verzicht auch Befreiung bedeutet

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Was brauchen wir wirklich?

Ich habe meinem Leben vor 2 Jahren eine neue Wendung gegeben. Mit diesem Entschluss kam ein großes Hinterfragen von Allem, unter anderem, was brauche ich wirklich?

  • Die kurze Antwort hierauf ist: nicht viel. 

  • Die etwas längere Antwort: das hängt davon ab, wie sehr ich im Vertrauen bin - ja, das klingt sehr spirituell, ich weiß. Ist aber ein Konzept welches durchaus zugänglich ist für Menschen, die fern von jeglicher Spiritualität oder dessen, was sie dafür halten lebbar ist…


Die lange Antwort…

  • Warum Verzicht auf frei macht

Im Laufe eines Lebens sammeln wir vieles an. Die Rede ist hier von spezifischen Dingen wie materielle Güter. Diese häufen wir meist aus dem Bedürfnis nach Sicherheit heraus an. Es gibt uns Sicherheit in einem Haus zu wohnen welches uns gehört. Es schmeichelt unserem Ego, Dinge unser Eigen zu nennen. Manch ein Zeitgenosse identifiziert sich über seinen Besitz. Ich kann das nicht werten, denn wir alle stehen an verschiedenen Punkten unserer Entwicklung.

Für diejenigen jedoch, die das Gefühl haben, dass sie ohne Ballast besser dran wären, kann ich sagen: ja, das ist so, wir brauchen nicht viel.

Im ersten Moment scheint es ein Paradox zu sein dass Verzicht auch Befreiung bedeutet, aber beim zweiten Hinschauen wird einem schnell klar, dass dies eine Wahrheit ist.

Das Wort Verzicht ist in unserer Gesellschaft meist nur negativ belegt und wird daher mit negativen Gefühlen assoziiert. An seine Stelle kann man aber einfach ein anderes Wort setzen, etwa: Bedarfslosigkeit, Bedürfnisfreiheit. Wenn wir auf etwas verzichten, haben wir das Gefühl, uns zu beschneiden - uns etwas vorzuenthalten, uns nicht zu belohnen….aber was in uns braucht Belohnung? Um also tatsächlich dem Anhäufen von Dingen ein Ende zu bereiten und nicht nur Kosmetik zu betreiben, musste ich der Sache auf den Grund gehen.

  • Besitz als Belohnung für unsere bedürfnisse

Wir als Menschen haben alle die gleichen Bedürfnisse - auf welche Art und Weise wir diese Bedürfnisse aber befriedigt haben möchten, ist unterschiedlich. Wenn wir frei von Angst sind, ist Bedürfnisbefriedigung sehr einfach und hat absolut nichts mit materiellen Gütern und Konsum zu tun. Gibt es in uns aber das Gefühl des nicht geliebt Werdens, nicht respektiert Werdens, des immer zu kurz Kommens etc, dann brauchen wir Dinge, um in uns das Gefühl von Geliebt werden, Belohnt werden und Sicherheit zu evozieren. 

Ein neues Paar Schuhe als Belohnung für eine harte Arbeitswoche. Sollte nicht die Arbeitswoche Belohnung sein? Wenn wir etwas wirklich gerne tun, dann ist das eine sofortige Belohnung, die keiner von außen dazu kommenden Belohnung bedarf. 

Ein neues Handy, denn das alte Modell ist nicht mehr hip…und sagt aus, dass wir uns wohl das neueste Modell nicht leisten können. Status ist ein weiterer Grund für sinnfreien Konsum, denn wer sich selbst liebt, ist nicht auf die Anerkennung durch andere angewiesen. Dann kann man das Handy benutzen bis der Hersteller keine Updates mehr zur Verfügung stellt und selbst darüber hinaus noch ein paar Jahre. Mein iPhone 4 funktioniert immer noch hervorragend.

Jeder ist aufgerufen seine eigenen Bedürfnisse zu analysieren und klar Schiff zu machen, denn unsere Welt wird definitiv ein besserer Ort sein, wenn wir weniger konsumieren. Der überbordende Konsum derzeit ist symptomatisch für eine sterbende Geisteshaltung - ein letztes Aufbäumen vor dem Kollaps. Immer mehr Menschen erkennen, dass das Anhäufen von Dingen nicht glücklich macht, sondern belastet. 

  • Konsum der Motor unseres Wohlstandes

Konsum ist nur scheinbar der Motor, der unseren Wohlstand antreibt. das ist eine Manipulation, der wir alle erlegen sind. Was passiert, wenn keine Nachfrage mehr da ist? Das Angebot geht zurück. Die Produktion geht zurück. Menschen werden aus Jobs befreit, die sie sowieso nie mochten. Was machen diese Menschen? Wie immer hat jeder die Wahl. Die sich noch immer in der Angst befindenden werden Selbstmord begehen, sich einen anderen ungeliebten Job suchen. Die anderen werden nachdenken und definieren, was es ist, das sie machen möchten.

Und sie werden eine Lösung und eine Aufgabe finden, damit glücklich sein, weniger Dinge benötigen und ihren Konsum noch weiter reduzieren. Denn es gibt keinen Grund mehr Dinge anzuhäufen um eine nicht existente Sicherheit zu kreieren, denn sie haben erkannt dass die einzige Sicherheit die wir brauchen wir selbst sind.

  • Minimalismus, eine Lösung!?

Es geht mir nicht darum, alles Materielle zu ignorieren. Diese Welt besteht aus zu Dingen gewordener Energie, und wir haben die Aufgabe, uns damit auseinander zu setzen. Aber wie auch in anderen Bereichen (Massentierhaltung, Ressourcennutzung, Überbevölkerung…) scheint unsere Spezies einen Hang zur Übertreibung zu haben.

Was bedeutet das Ganze nun konkret? Einfach überlegen bei jedem Ding, was wir in die Hand nehmen. Brauche ich das wirklich? Wenn ja, warum? Kann es eine Ersatzbefriedigung sein, weil meine Kollegen heute so garstig waren? Weil meine Frau gestern nicht mit mir geschlafen hat? Wie bekomme ich, was ich will ohne auf Ersatzbefriedigungen zurück greifen zu ‚müssen‘?

Und so kommt man von der einfachen Frage, ob Verzicht zu mehr Freiheit führt zu einem großen philosophischen Gespräch über die wesentlichen Dinge und Ängste des Lebens.

Ein minimalistischer Lebensstil führt zu mehr Freiheit, weil wir nicht mehr an Dinge gebunden sind. Wer gießt die Topfpflanzen, wenn ich im Urlaub bin? Überlegung nicht mehr relevant: es gibt keine Topfpflanzen. Wie bringe ich die monatliche Hypothekenzahlung für mein Haus auf? Dieser Gedanke kann nur die Eigentümer eines Hauses in Unruhe versetzen. Das hört sich nach Kommunismus an … mit unserem Kapitalismus sind wir bis hierher gekommen…

Wohin mit all den Sachen, die man nicht mehr möchte? Hier gibt es gerade für Kleidungsstücke eine Vielzahl toller Second Hand Adressen bei welchen man seine getragenen Sachen verkaufen kann.

Ein minimalistischer Lebensstil bedeutet auch, dass man seine Dinge pflegt und Qualität kauft, die ein Leben lang hält, sofern das möglich ist. Rahmengenähte Schuhe, ein Gartenschlauch aus Vollgummi, die website buymeonce zeigt Tipps und auch Gegenstände, die man eben nur ein Mal im Leben kaufen muss. Ein Vorreiter in Sachen Dinge, die die Zeit überdauern ist z.B. manufactum. Hier wird außerdem auch Wert gelegt auf aussterbendes Kunsthandwerk und so findet man hier Dinge, von denen ich dachte, dass sie längst nicht mehr existieren.