Recyceltes Plastik - Nur ein Tropfen auf dem heissen Stein?
Von allen Materialien, die für Kleidung verwendet werden, ist Polyester ganz weit vorne. Aktuell sind es etwa 50 Prozent aller Kleidungsstücke weltweit. Für Outdoor Bekleidung oder Sportswear ist das leichte und dennoch robuste Material kaum mehr wegzudenken.
Aber Polyester ist keine nachhaltige Faser. Für die Produktion benötigt es Erdöl und das Material lässt sich nicht abbauen. Bereits viel zu viel Plastik verschmutzt unseren Planeten. So steigen immer mehr Kleidungshersteller für ihre Kleidung auf recycelte Plastikfasern um.
Diese Kleidungsstücke werde als besonders nachhaltig verkauft. Gut fürs Shopping-Gewissen ist es sicherlich, so schlägt man zwei Fliegen auf einen Streich: Neues Kleidungsstück und gleichzeitig etwas gegen die Umweltverschmutzung getan – so denken viele. Doch wie nachhaltig ist Kleidung aus recyceltem Plastik wirklich?
Zwei Arten Plastik zu recyceln
Um aus Plastik ein Garn herzustellen, aus dem dann wieder neue Kleidung entstehen kann, gibt es zwei Wege Plastik zu recyceln:
Beim mechanischen Prozess werden Plastikflaschen sortiert und die Deckel als auch die Etiketten entfernt. Nachdem sie zerkleinert und gewaschen wurden, wird der Plastik eingeschmolzen und dann geschreddert, sodass Pellets oder Polyesterchips entstehen.
Daraus kann dann ein Garn gesponnen werden. Diese Variante wird zwar am häufigsten eingesetzt, hat aber den Nachteil, dass das neue Garn nicht mehr so robust ist, wie das Ausgangsprodukt. Es wird deshalb häufig mit neuem Polyester gemixt.
Im chemischen Prozess geht die Festigkeit der Faser nicht verloren und ist von neuem Polyester kaum zu unterscheiden. Jedoch benötigt es, wie der Name schon sagt, viel Chemie.
Der Kunststoffabfall wird dabei mithilfe von Lösungsmitteln in seine ursprünglichen Moleküle zurückgeführt. Die verschiedenen Plastikarten auf diese Weise zu trennen und neu auszuarbeiten, ist mit grossem Aufwand und hohen Kosten verbunden, so dass es nur wenig angewendet wird.
Die Irreführung bei recyceltem Plastik
Bei Kleidungsstücken wird immer häufiger mit der Nachhaltigkeit geworben, weil dafür Plastik recycelt wurde. Wie hoch der Anteil an recycelten Fasern ist, lässt sich aber häufig nicht direkt erkennen, da genauere Bezeichnungen fehlen.
So entsteht aus dem Plastik nicht immer hochwertige Kleidungsstücke. Die Qualität ist oft so niedrig, dass nur neue Fast-Fashion produziert wird, die kurzzeitig getragen wird und dann wie all unser Plastik, etwa 500 Jahre benötigt, bis es abgebaut werden kann. Oftmals ist der Anteil an neuem Polyester aus Erdöl immer noch hoch bei solchen Kleidungsstücken.
Garn aus recyceltem Plastik lässt sich gut verkaufen und ist momentan sehr gefragt. Nicht immer werden aber Fasern aus gebrauchten PET-Flaschen hergestellt. Manchmal wird aber auch Garn aus neuen Plastikflaschen unter dem Namen „recyceltes“ Plastik an Textilunternehmen verkauft. So ist bei der Frage nach der Nachhaltigkeit auch der Ursprung des Plastiks, das aufbereitet wird, zu klären.
Die Problematik mit dem Meeresplastik
Laut dem WWF landen pro Jahr zwischen 5 und 12 Tonnen Plastik jährlich im Meer. Das ist eine Lastwagen-Ladung pro Minute. Wo viel Plastik ist, gibt es auch viel zu recyceln.
Meeresplastik aufzubereiten ist jedoch einiges komplizierter, als Plastikgarn aus PET-Flaschen herzustellen. Im Meer schwimmt jede erdenkliche Art von Plastik, was den Aufwand bei der Zerteilung sehr gross macht. Einige Experten sagen sogar, dass Meeresplastik besser verbrennt werden sollte um daraus Energie zu gewinnen, als ihn aufwendig aufzubereiten und dabei viel Energie zu verbrauchen. Doch hier streiten sich die Experten…
In Ozeanplastik wurden zudem Pestizide nachgewiesen, die seit Jahren verboten sind. Rückstände davon bleiben in der Kleidung, die wir direkt auf unserer Haut tragen.
Recycletes Plastik aus nachhaltigen Quellen erkennen
Wie weiss ich nun, ob mein Kleidungsstück aus seriösem recycling Material hergestellt wurde und ich meine Gesundheit nicht gefährde?
Im Gegensatz zu herkömmlichen Mode-Herstellern sind Öko-Mode-Labels oftmals transparenter und lassen ihre Kleidung häufiger zertifizieren. Wie hoch der Anteil an recyceltem Plastik ist, ist oft besser erkennbar. Auch werden Rohstoffe aus nachhaltigen und geprüften Quellen eingekauft. Das macht die Mode im Endeffekt etwas teurer als bei Billig-Anbieter, aber als Verbraucher weiss man dafür, was man trägt.
Econyl®
Jane’N June, ein Slow-Fashion-Label aus Hamburg, setzt beispielsweise bei ihren Kollektionen auf Nachhaltigkeit und Transparenz. Für ihre Kollektionen verwenden sie Econyl® Garn. Auch andere Eco-Fashion Brands wie Lanius, Bleed, Ehrlich textil oder Mymarini setzen auf das qualifizierte Garn.
Statt für die Nylon-Produktion Erdöl zu verwenden, kommen bei Econyl® nur Plastikabfälle zum Einsatz. Aufbereitet werden Abfälle aus Fischernetzen. Freiwillige Taucher von „Healthy Seas“ sammeln die Netze ein, um die Meeresbewohner vor Verletzungen und dem Tod zu retten. Seit dem Start der Initiative 2013 wurden bereits 453 Tonnen Fischernetz-Abfälle gesammelt. Nebst Meeresabfällen werden auch Teppichböden, Produktionsabfälle und Industriekunststoffe aus Deponien und Ozeanen recycelt.
Die Plastik-Abfälle werden zuerst sortiert, gereinigt und dann in einem innovativen technischen Verfahren aufbereitet. Das Endprodukt ist ein hochwertiges Garn, das mit herkömmlichem Nylon vergleichbar ist. Im Vergleich zu neuem Nylon spart Aquafil bei der Herstellung von Econyl® sieben Fässer Rohöl und 6.5 Tonnen CO2 ein. Die Auswirkung der Faser auf die globale Erwärmung im Vergleich zu Materialien aus Erdöl sinkt um 90 Prozent, laut dem Unternehmen.
GRS-Zertifikat
GRS steht für Global Recycled Standard und überprüft den Recyclinganteil von Produkten und dass die sozialen, ökologischen und chemischen Vorschriften in der Produktion eingehalten werden. Dieses Zertifikat stellt die Rückverfolgbarkeit der Materialien, sowie die umweltfreundliche Produktion sicher. So hat z.B. das nachhaltige Label isleofmind dieses Zertifikat. Sie stellen aus recycelten PET Flaschen super weiche und farbenfrohe Strand- und Badetücher her.
bluesign®
Basierend auf einem ganzheitlichen Ansatz, werden bei bluesign® von der Herstellung bis zum Endprodukt die einzelnen Schritte überprüft. Bei diesem Nachhaltigkeitsstandard wird besonders viel Wert auf die Chemikaliensicherheit gelegt.
Naturfasern oder Nylon-Fasern?
Naturfasern lassen sich zwar 100 Prozent biologisch abbauen und belasten somit die Umwelt weniger, aber gewisse Kleidungsstücke wie Bademode oder Outdoor-Bekleidungen lassen sich nicht wirklich durch Baumwolle, Hanf oder Leinen ersetzen und somit wird das Material auch nie aus der Fashion-Industrie verschwinden.
Das Recyceln von sowieso vorhandenem Müll auf unserem Planeten ist dabei eine gute Möglichkeit, vorhandene Ressourcen zu nutzen, anstatt neue zu produzieren.
Aufgepasst Greenwashing! Immer häufiger wird mit recycelten Rohstoffen geworben. Die Produkte sind aber häufig nicht nachhaltiger, sondern reine Fast-Fashion und eventuell mit Chemikalien belastet. Genaues Hinsehen lohnt sich. Siegel geben Sicherheit, dass ein hoher Anteil an recycelten Fasern aus umweltbewusster und ethisch vertretbaren Quellen stammt.
Nicht zu vergessen: Egal ob recyceltes oder neues Polyester, Plastik gibt beim Waschen immer Mikroplastik ab. Das belastet ebenfalls die Umwelt. Mit entsprechenden Waschbeuteln kann dies aber verringert werden.