Vegane Lederalternativen - Sind sie wirklich nachhaltiger?

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Vegan leben und konsumieren liegt mehr und mehr im Trend. Das ist zuerst einmal eine sehr gute Nachricht, denn wir wissen zwischenzeitlich alle, dass die Reduktion unseres Fleischkonsums als auch der sonstigen tierischen Produkte erheblich zur Verbesserung unseres Klimas beitragen kann. Gleichzeitig führt dies auch zu viel weniger Tierleid, welches leider in unserer bisherigen auf Wachstum- und Konsum orientierten Gesellschaft inakzeptable Ausmasse angenommen hat. 

So weit so gut, doch wie steht es um die vegane Kleidung? Ist das weglassen von echtem Leder in der Garderobe nachhaltiger? Diese Frage beschäftigt uns immer wieder und wir möchten es gerne noch einmal etwas näher betrachten…

Zwischenzeitlich hat Leder einen schlechten Ruf und dessen Einsatz wird immer häufiger kontrovers im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit diskutiert. Wenn man sich hier in die Diskussion einklinkt ob echtes Leder oder vegane Alternativen die nachhaltigere Lösung sind, sollte man hierbei Faktoren wie z.B. Tierschutz, Abfall, Treibhausgasemissionen und Wasserverbrauch auf jeden Fall mit berücksichtigen. Denn ein veganer Turnschuh aus Plastik, made in China ist nicht unbedingt automatisch nachhaltiger als ein Lederturnschuh made in Germany. 

So stellt sich für viele die Frage ob echtes Leder wirklich total verwerflich ist oder ob es irgendwo in der Mitte nicht doch noch einen Kompromiss gibt? Unsere Überlegungen möchten wir hier gerne mit euch teilen… 

Tierisches Leder

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Zwar ist der weltweite Fleischkonsum leicht am zurück gehen, doch ist es kaum vorstellbar dass die Fleischindustrie in naher Zukunft nicht mehr existieren wird. Nun kann man argumentieren dass die Herstellung von Lederprodukten den Abfall der Fleischindustrie verringern, da diese aus deren Nebenprodukten hergestellt werden. Die vielen Tierhäute die durch das Schlachten der Tiere entstehen werden also zu Kleidung und Accessoires verarbeitet. 

Doch auch wenn diese Abfallprodukte tatsächlich zu Kleidung werden wissen wir, dass die Fleischindustrie zu den grössten Erzeugern von Treibhausgas zählen. Der globale Treibhausgasausstoss der Fleischindustrie macht mit 14,5 Prozent einen nicht unerheblichen Teil des weltweiten Ausstosses aus. Der grösste Teil dieser Treibhausgase stammt von den Tieren selbst, überwiegend von Rindern. 

Doch nicht nur die riesige Produktion von Treibhausgasen in der Fleischindustrie sorgen für grosse Probleme für unseren Planeten, auch die extremen Rodungen für Weidefläche sind alles andere als klimafreundlich. Vom Tierwohl reden wir hier erst gar nicht, denn dieses existiert in der konventionellen Fleischwirtschaft schlicht weg erst gar nicht.

Auch wenn also die sog. Nebenprodukte der Fleischindustrie zu Kleidung weiter verarbeitet werden um nicht im Abfall zu landen steht das Argument trotzdem auf wackeligen Beinen. Denn wir als Konsumenten können in den allermeisten Fällen eben nicht nach vollziehen ob unsere Lederjacke wirklich aus einem dieser Abfallprodukte entstanden ist oder ob hierfür nicht auch noch zusätzlich Tiere einfach nur für ihre Haut getötet werden. Auch von dem Ziel der Abfallreduzierung ist man hier noch weit entfernt. 

Eines ist sicher, für das Lederprodukte musste ein oder mehrere Tiere sterben. Es ist und bleibt ein Produkt einer nicht nachhaltigen Industrie.

Gerbung des Leders

Bevor eine Tierhaut bearbeitet werden kann, muss man sie dem sog. Gerbungsproszess unterziehen damit die Haut nicht verrottet. Hierfür wird diese in ein hochgiftiges Chromsalzbad gelegt. Chrom ist nicht nur für den menschlichen Organismus giftig, sondern hat auch eine verheerende Auswirkung auf aquatischen Ökosysteme. 

Arbeiter in den Billiglohnländern gerben das Leder ohne jeglichen Schutz, sind völlig unterbezahlt, haben keine Krankenversicherung, etc… 

Eine ungiftige Alternative zum Chrom ist das sog. Pflanzenbräunen. Diese alte Praxis besteht darin das Leder aus pflanzlich gewonnenen Chemikalien zu gerben. Diese Option findet sich allerdings nur sehr sehr selten in der Fast Fashion Industrie vor. Denn sie ist aufwendiger und teurer und erfordert zudem spezielle Fähigkeiten. 

Trotz alledem argumentieren einige, dass Leder haltbar, langlebig und biologisch abbaubar ist, während dies bei üblichen veganen Alternativen normalerweise nicht der Fall ist.

Leder hält Verschleiß stand und hält jahrzehntelang im Kleiderschrank. Es wird zu einem Erbstück, das an zukünftige Generationen weitergegeben werden kann. Obwohl es biologisch abbaubar ist, erschweren Bräunung und Behandlungen dies aber. 

Fazit

Es mag stimmen dass Leder - wenn es denn einmal den Zugang in den Kleiderschrank gefunden hat - sehr langlebig und robust ist. Trotzdem bleibt es das Produkt einer klimaschädlichen und nicht nachhaltig wirtschaftenden Industrie. 

Trotzdem: wer sucht, der findet auch kleine nachhaltig arbeitende Betriebe die Lederprodukte aus fairer Produktion anbieten.

Es gibt in der nachhaltigen Modeindustrie nicht nur den Einsatz von veganen Lederalternativen. Marken die auf echtes Leder setzen, achten aber streng darauf dass ihr Leder wirklich aus Abfallprodukten der Tierindustrie stammt, wenn immer möglich aus tiergerechter Haltung.  Sie kennen die Betriebe bei welchen sie die Tierhäute kaufen gut und sorgen natürlich auch für eine ungiftige Behandlung des Leders.  

Hier wird versucht den Kreislauf zu schliessen, d.h. die kleinen Tierbetriebe die nicht in Massen schlachten, können ihre Häute zur Abfallvermeidung vollständig abgeben. 

Zudem wird streng auf eine faire Behandlung von Arbeitern und Zulieferern geachtet und Produktionen sehr klein und überschaubar gehalten. 

Veganer Lederersatz

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Seit geraumer Zeit sind aufgrund der heiss diskutierten Frage des Einsatzes von Echtleder dessen vegane Alternativen mehr und mehr in den Vordergrund der Diskussion gerückt. 

Tierschutz und Umwelt setzen echtes Leder - zu Recht - unter Druck und vegane Lederalternativen sind auf dem Vormarsch. Die Organisation PETA setzt sich dafür ein dass bei der Herstellung von Kleidung und Accessoires überhaupt keine tierischen Nebenprodukte eingesetzt werden sollen. Ist eine Produkt PETA zertifiziert kann der Verbraucher davon ausgehen dass er sich keine Gedanken bezüglich Tierschutz machen muss.

Genau wie in der Lederindustrie sind bei diesen Alternativen jedoch Umweltbedenken zu berücksichtigen.

Momentan ist leider Kunststoff auf Erdölbasis noch immer der grösste vegane Lederersatz. Diese Lederalternative wird auf Basis von fossilen Brennstoffen hergestellt, kann gesundheitsschädlich sein und ist zudem nicht biologisch abbaubar. Doch auch hier setzen sich immer mehr Slow Fashion Labels dafür ein dass die vegane Plastikalternative aus schon bestehendem Plastik upgecycelt wird. Somit wird kein neues Plastik hergestellt.

Das weitere grosse Problem dieser veganen Lösung ist leider dass die Kleidung bei jedem Waschgang in der Maschine winzige Teile an Mikroplastik ins Wasser abgibt. Diese synthetische Fasern sind mittlerweile ein extremes Problem und die Ursache für die grösste Quelle der Mikroplastikverschmutzung in unseren Weltmeeren. 

Berücksichtigt man dies, ist diese Variante des Leders eher besorgniserregend und auf Dauer auch nicht die perfekte Lösung. 

Plastikfreie vegane Lederalternative

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Zum Glück findet die Wissenschaft immer mehr innovative Lösungen um kunststofffreie vegane Optionen zu kreieren. So werden z.B. Pilze, Kombucha-Kulturen, Ananas- oder auch Apfelschalen zu veganem Lederersatz verarbeitet. Zwar werden auch hier teilweise noch einige Produkte auf Erdölbasis eingesetzt um die Fasern zusammen zu halten. Doch ist dies um ein Vielfaches weniger als beim Plastik Lederersatz. 

Eine der beliebtesten Innovationen ist das sog. Piñatex. Es ist ein veganer Lederersatz aus Ananasblattfasern. So haben mittlerweile auch Designer wie z.B. Hugo Boss dieses in ihre Kollektionen eingebracht. 

Fazit

Wir sollten nie vergessen dass Nachhaltigkeit in der Modebranche (und nicht nur dort) immer nuanciert ist, d.h. niemand kann zu 100% nachhaltig produzieren. Selbst die umweltbewusstesten Herstellungsprozesse wirken sich auf die Umwelt aus.

Doch wir können als Konsument eine entscheidende Rolle spielen! 

Wir sollten uns endlich von dem Aufruf zur permanenten Konsumation befreien und uns immer sehr gut überlegen ob wir das oder jenes Produkt wirklich benötigen. Und wenn ja, ob wir es uns nicht im Second Hand Shop oder sonst irgendwo gebraucht besorgen können. 

Wenn wir wirklich etwas Neues möchten oder brauchen, dann sollten wir ganz genau hinsehen bei welchem Label wir es erwerben und die Fast Fashion Industrie komplett Aussen vor lassen!

Wenn tierische Produkte oder Tierhaltung für einem persönlich ein hartes Nein sind, ist die vegane Lederoption eine Alternative, auch wenn es sich um die Kunststoffvariante handelt. Wenn möglich hier darauf achten dass es sich um ein upgecyceltes Plastik handelt.

Wenn man sich persönlich eher für die Reduzierung von Kunststoffen und fossilen Brennstoffe einsetzt, kann echtes Leder oder die vegane Lederalternative aus pflanzlicher Basis eine gute Option darstellen.  

Wenn keine dieser Optionen für einem persönlich geeignet erscheinen, kann man ganz einfach auf Bio Baumwolle, Hanf oder Leinen zurück greifen. 

Das ultimative Ziel ist und bleibt es, weniger neue Artikel zu kaufen und/oder hochwertige gebrauchte Kleidung zu suchen, welche wir über Jahre hinweg tragen können. Zeitlose Farben und Design sind die Basis einer jeden Capsule Wardrobe.