Synthetische Kleidung - Warum wir davon wegkommen sollten
Warum synthetische Kleidung so beliebt ist - Und was wir dafür tun können um davon weg zu kommen
Bis ins 20. Jahrhundert kamen bei der Herstellung von Kleidung ausschliesslich Naturfasern wie Baumwolle oder Wolle zum Einsatz. Mit der Entwicklung von synthetischen Fasern aus Kunststoff in den 30er-Jahren ergaben sich ganz neue Eigenschaften in Sachen Kleidung. Ein Beispiel aus der Geschichte der Kunstfasern sind beispielsweise die Nylonstrümpfe, welche in den 40er Jahre auf den Markt kamen oder das weitverbreitete Polyester. Beides ist heute aus der Kleiderindustrie kaum mehr wegzudenken.
Synthetische Kunstfasern im Überblick
Synthetische Kunstfasern werden mit Kohle, Erdöl und Erdgas hergestellt und in einem chemischen Prozess zu Fasern verarbeitet. Es ist gar nicht so einfach, Kunstfasern als solche in der Kleidung zu erkennen, denn sie sind oftmals mit anderen Bezeichnungen versehen.
Polyester
Die am häufigsten verwendete synthetische Kunstfaser ist Polyester. Sie wird seit 1947 industriell gefertigt und ist auch unter den Namen Trevira, Diolen, Polartec, Polarguard und Thermolite bekannt. Verwendet wird sie in Alltagskleidung und ist zudem sehr beliebt bei Sport- und Outdoor Bekleidung. Polyester wird nicht nur in Textilien verwendet sondern auch für PET-Flaschen und Plastikverpackungen.
Polyamid
Auch bekannt als Nylon, Perlon, Tactel, Antron, Dederon oder Grilon. Polyamid findet sich - aufgrund seiner wasserabweisenden Eigenschaft -vhäufig in Funktionsbekleidung, Bademode, Regenjacken, Damenstrumpfhosen oder Synthetik Unterwäsche.
Polyacryl
Unter den Begriffen Orlon, Dralon und Dolan verbirgt sich Polyacryl. Die Eigenschaften von Polyacryl sind der Wolle sehr ähnlich. So wird es häufig in Mischgeweben zusammen mit Baumwolle oder Schafwolle verwendet, z.B. für die Herstellung von Strickwaren wie Pullover, Jacken oder Socken.
Elasthan
Elasthan wird häufig auch als Lycra, Dorlastan oder Spandex bezeichnet. Aufgrund der hohen Dehnbarkeit wird die Faser als Stretch Material zur Kleidung dazu gemischt. In der Regel macht der Anteil an Elasthan 2% bis 30% in einem Kleidungsstück aus.
Acetat
Eigentlich ist Acetat eine halbsynthetische Faser und wird wegen der ähnlichen Optik auch Kunstseide genannt.
Synthetische Kleidung ist beliebt und weit verbreitet
Leicht und elastisch aber trotzdem reissfest und strapazierfähig. Das sind die Haupteigenschaften der synthetischen Kunstfasern. Diese Eigenschaften werden vor allem für Sport- und Outdoor Bekleidung genutzt. Aber nicht nur als Funktionskleidung, auch in der normalen Kleidung sind synthetische Kunstfasern wie Polyester nicht mehr wegzudenken.
Gegenüber Naturmaterialien wie Baumwolle haben synthetische Stoffe den Vorteil dass sie kaum knittern und schnell trocknen. Polyester hält zudem sehr warm und isoliert bei Kälte wunderbar, deshalb ist es als Material für warme Winterjacken oder Schlafsäcke fast nicht mehr wegzudenken.
Vor allem Polyester hat sich unter den synthetischen Stoffen durchgesetzt. Heutzutage bestehen laut Greenpeace etwa 60% aller Kleidung aus Polyester. Viele Kleidungsstücke sind dabei Mischgewebe mit 60 bis 85% Baumwolle und 15 bis 40% Polyester.
Was synthetische Stoffe für die Haut bedeuten
Die positiven Eigenschaften bleiben nicht ohne negativen Effekt. Bei synthetischen Materialien wie Polyester wird der Schweiss schnell von der Haut abgeleitet. Klingt erstmal positiv, denn die Idee während einer Trainingseinheit weniger zu schwitzen gefällt den meisten unter uns.
Tatsächlich ist aber das Gegenteil der Fall. Denn dadurch dass der Schweiss die Haut unzureichend kühlen kann kommt es sogar zu vermehrtem Schwitzen und damit zu Austrocknung und Verlust von Mineralien die der Körper benötigt. Die Poren öffnen sich um Schweiss freizusetzen und nehmen damit auch leicht Toxine aus der synthetischen Kleidung auf. Kunststofffasern sind zudem der ideale Nährboden für Bakterien und es kann dadurch zu unangenehmer Geruchsbildung kommen.
Saubere Kleidung, verschmutztes Wasser
Alle synthetischen Kunstfasern haben eines gemeinsam; sie alle verursachen Mikroplastik. Bei jedem Waschgang lösen sich durch Polyester und Co. kleine Teile aus der Kleidung heraus und gelangen ins Abwasser.
Bis heute gibt es noch keine wirksamen Filtersysteme für Kläranlagen, welche die Mikropartikel zuverlässig herausfiltern können. So gelangt Mikroplastik über Flüsse ins Meer wo es von den Pflanzen und Tieren aufgenommen wird und dadurch auch automatisch in unsere Nahrungsmittelkette gelangt.
Mikroplastik kann nicht durch natürliche Prozesse abgebaut werden und bleibt über Hunderte von Jahren im Umlauf. Heute stammt etwa 35% Mikroplastik im Meer aus synthetischer Kleidung. Die International Union for Conservation of Nature (IUCN) hat die Verschmutzung durch Mikroplastik pro Kopf heruntergerechnet und kommt dabei auf ein eindrückliches Ergebnis: In Europa und Zentralasien ist die Belastung pro Kopf so hoch, wie wenn jeder 54 Plastiktüten im Jahr ins Meer werfen würde.
Kleidung aus Erdöl
Für synthetische Fasern wie Polyester benötigt es bei der Herstellung unter anderem Erdöl, ein nicht-erneuerbarer Rohstoff. Erdöl ist als fossiler Energieträger in Jahrmillionen andauerndem Prozess entstanden. Es wird in vielen Teilen der Welt gefördert, zum Beispiel im Nahen Osten, in der Nordsee, im Regenwald des Amazonas oder in den Tiefen der Meere.
Schätzungen gehen davon aus dass die leichter erreichbaren Erdölquellen nur noch wenige Jahrzehnte ausreichen. Deshalb versuchen grosse Ölkonzerne über schwerer erreichbare Quellen, über sogenannte nicht-konventionelle Quellen, an Öl zu gelangen. Der Zugang dazu ist technisch schwieriger, kostspieliger und vor allem meist auch umweltschädlicher:
Die Aufbereitung des Öls ist energieintensiv und verbraucht viel Wasser. Daneben wird für die Förderung Regenwald gerodet, giftige Flüssigkeiten - welche für die Aufbereitung verwendet werden - gelangen in Flüsse und ins Grundwasser.
Halbsynthetische Fasern als umweltfreundliche Alternative
Halbsynthetische Fasern oder auch zellulosische Chemiefasern genannt, sind Fasern auf pflanzlicher Basis, welche unter einem chemischen Verfahren hergestellt werden.
Sie haben ähnliche Eigenschaften wie Kunststoffrasen, sind aber besser biologisch abbaubar. Viskose gehört dabei zu den bekanntesten Vertretern in dieser Kategorie. In einem chemischen Verfahren wird sie aus Holzfasern gewonnen. Im Gegensatz zu Baumwolle benötigt die Herstellung deutlich weniger Wasser und Energie.
Modal gehört ebenfalls zu den zellulosischen Fasern und wird aus Buchenholz hergestellt, welches aus Mitteleuropa stammt.
Ein eher noch etwas neuer Vertreter in der Kategorie ist Lyocell, auch unter dem Markenname Tencel® bekannt und ebenfalls aus Holzfasern hergestellt. Diese umweltfreundliche Alternative macht ist vor allem auch für Funktionskleidung interessant, denn sie besitzt feuchtigkeitsabsorbierenden und temperaturausgleichenden Eigenschaften. Das Herstellungsverfahren gilt als besonders umweltschonend und das Material ist biologisch abbaubar. Innerhalb weniger Monate können die Fasern durch Mikroorganismen zersetzt werden.
Was wir sonst noch tun können
Waschbeutel
Von Patagonia gibt es einen Waschbeutel, der Mikroplastik filtert. Die bereits vorhandene synthetische Kleidung kann im Waschbeutel in der Waschmaschine gewaschen werden und die Mikroplastik Teile bleiben im Beutel und gelangen nicht ins Abwasser. Nach der Wäsche wird das gesammelte Mikroplastik aus dem Beutel entfernt und entsorgt.
Weniger Waschen
Das gilt nicht nur für Polyester Kleidung sondern allgemein für alle Materialien. Wir waschen tendenziell viel zu häufig. Oft genügt das Auslüften von nicht sichtbar verschmutzter Kleidung, damit sie wieder frisch ist.
Wenn Polyester, dann Recyceltes
Wenn doch eine Neuanschaffung aus Polyester in Erwägung gezogen wird, dann sollte eine aus recycelten PET-Flaschen oder recyceltem Meeresplastik/Müll bevorzugt werden. So wird das bereits vorhandene Plastik wiederverwendet und keine neuen Ressourcen verbraucht. Polyester ist der gleiche Kunststoff der auch für PET-Flaschen verwendet wird. Zwar kann beim Recycling auch nicht vollständig auf Chemie verzichtet werden und es ist auch mit Transportwegen verbunden, die Ökobilanz ist aber im Vergleich immer noch besser, als wenn als Rohstoff Erdöl gewonnen wird.
Gerade nachhaltige Mode setzt - wenn sie Polyester einsetzen - auf recyceltes Polyester und sorgt somit dafür dass das schon vorhandene Plastik im Kreislauf bleibt.
Mischmaterialien vermeiden
Bei Kleidungsstücken, die beispielsweise aus einem Mix von Baumwolle und Polyester bestehen, ist das Recycling der Fasern kaum mehr möglich bzw. wäre schon möglich, ist jedoch zu aufwendig und zu teuer, dass Mischmaterialien eigentlich keine 2. Chance erhalten. Deshalb sind Kleidungsstücke, welche aus einer Faser hergestellt worden sind, zu bevorzugen.
Jeden Kleiderkauf gründlich überdenken
Viele Anschaffungen sind unnötig oder können mit einer umweltfreundlicheren Alternative ersetzt werden, um Ressourcen zu schonen.